Fälligkeitserfordernis bei regelmäßig wiederkehrenden Einnahmen und Ausgaben
Nach dem Gesetzeswortlaut gelten regelmäßig wiederkehrende Einnahmen, die dem Steuerpflichtigen kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres, zu dem sie wirtschaftlich gehören, zugeflossen sind, als in diesem Kalenderjahr bezogen
(§ 11 Abs. 1 Satz 2 EStG). Dies gilt entsprechend auch für Ausgaben des Steuerpflichtigen. Nach gängiger Rechtsprechung setzt dies voraus, dass die Einnahmen/Ausgaben innerhalb eines 10-Tages-Zeitraums vor oder nach Ende des betroffenen Kalenderjahres fällig geworden sind.
Im vorliegenden Fall führte der Steuerpflichtige einen Gewerbebetrieb, dessen Gewinn durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt wurde. Die Umsatzsteuer-Vorauszahlungen für die Monate Mai bis Juli 2017 leistete er erst am 09.01.2018, machte sie jedoch als Betriebsausgaben im Jahr 2017 geltend. Das Finanzamt versagte den Betriebsausgabenabzug mit der Begründung, dass die Zahlungen nicht kurze Zeit vor bzw. nach Beginn des Kalenderjahres 2018 fällig geworden sind und der Betriebsausgabenabzug daher nur im Jahr 2018 in Frage kommt. Dieser Einschätzung schlossen sich im Weiteren auch das FG München sowie der BFH in seinem Urteil vom 16.02.2022 (X R 2/21) an.
Bei der Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung sind Ausgaben grundsätzlich in dem Kalenderjahr anzusetzen, in dem sie geleistet wurden. Auch wenn es sich bei den Umsatzsteuer-Vorauszahlungen nach inzwischen ständiger Rechtsprechung um regelmäßig wiederkehrende Ausgaben handelt, kommt im vorliegenden Fall eine abweichende Zuordnung des Betriebsausgabenabzugs nach den eingangs erwähnten Kriterien nicht zur Anwendung. Denn auch, wenn die Zahlung kurze Zeit vor bzw. in diesem Fall nach dem Ende des Kalenderjahres der wirtschaftlichen Zugehörigkeit geleistet wurde (hier am 9.1.2018), müssen die Ausgaben auch innerhalb des 10-Tages-Zeitraums vor oder nach Ende des Kalenderjahres fällig geworden sein, was vorliegend nicht der Fall war.
Nach Ansicht des BFH würde ein Verzicht auf das Fälligkeitskriterium dazu führen, dass Nachzahlungen für längst fällig gewordene Verpflichtungen unabhängig vom Zeitpunkt der Verausgabung zum Betriebsausgabenabzug im Kalenderjahr ihrer wirtschaftlichen Verursachung führen, solange sie nur innerhalb von bis zu zehn Tagen des nachfolgenden Kalenderjahres geleistet würden, was aber bereits den Grundsätzen des Betriebsvermögensvergleichs entsprechen würde.
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