Geschäftsbeziehungen zwischen verbundenen Unternehmen – Fremdvergleich
Geschäftsbeziehungen zwischen verbundenen Unternehmen unterliegen – zumal in grenzüberschreitend
angelegten Konzernstrukturen – besonderer steuerlicher Beobachtung. Beurteilungsmaßstab für deren steuerliche
Anerkennung ist der sog. Fremdvergleich. Entsprechen die rechtlichen und wirtschaftlichen Bedingungen eines
Rechtsgeschäfts zwischen verbundenen Unternehmen nicht zumindest im Wesentlichen dem, was unter ansonsten
vergleichbaren Umständen auch voneinander unabhängige Dritte vereinbart hätten, so wird eine im Vordergrund
stehende Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis vermutet. Soweit hierbei dem Vermögen einer Konzerngesellschaft
Vermögen entzogen wird (sog. Vermögensminderung) oder die Möglichkeit vereitelt wird, dass diese
Gesellschaft zukünftig Vermögenszuwächse erwirtschaften kann (sog. verhinderte Vermögensmehrung), gehen
Gesetz und Rechtsprechung von einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) aus. Im Ergebnis wird die
„benachteiligte“ Gesellschaft hierdurch steuerlich so gestellt, wie sie gestanden hätte, wenn die Vermögensminderung
bzw. verhinderte Vermögensmehrung nicht eingetreten wäre. Die vGA auf der Ebene der einen Konzerngesellschaft
kann dabei von einer verdeckten Einlage in eine andere Konzerngesellschaft (z.B. eine Schwestergesellschaft)
begleitet sein.
Beispiel:
B und C sind jeweils 100%ige Tochtergesellschaften der A. Gegenstand des Unternehmens sowohl von B als auch
von C ist der Handel mit Rechten an audiovisuellen Produktionen (Handel mit Lizenzrechten an Film- und TVProduktionen).
Beide Gesellschaften verfügen über einen jeweils eigenen Kundenstamm. Die jeweils vermarkteten
Programme beziehen B und C von A, der insoweit die Funktion des zentralen Rechteeinkaufs für die Tochtergesellschaften
obliegt. Immer dann, wenn die Laufzeit eines Lizenzvertrages zwischen B und einem Kunden von B
endet, schließt C mit diesem Kunden den entsprechenden Anschlussvertrag (neu) ab.
Bei wirtschaftlicher Betrachtung hat die beschriebene Gestaltung zur Folge, dass der vormals bei B verortete Kundenstamm
(bzw. die damit verbundene Geschäftschance) auf C übergeht. Steuerlich steht dies einem Verkauf des
Kundenstamms von B an C gleich. Der verkehrsübliche Wert der übertragenen Kundenbeziehungen (z.B. 1,x-faches
des Jahresumsatzes) stellt eine vGA von B an A dar und erhöht entsprechend den steuerlichen Gewinn von B.
Zugleich liegt eine verdeckte Einlage von A an C vor.
In einem vor dem Schleswig-Holsteinischen Finanzgericht (FG) anhängigen Verfahren war zu prüfen, ob die o.a.
Grundsätze auch dann Anwendung finden, wenn die Entscheidung einer Konzerngesellschaft, eine bei ihr liegende
Geschäftschance nicht wahrzunehmen, weder bei der Muttergesellschaft noch bei einem anderen verbundenen
Unternehmen einen wirtschaftlichen Vorteil begründet.
Dem Urteilsfall lag – vereinfacht – folgender Sachverhalt zugrunde:
Eine Kapitalgesellschaft deutschen Rechts (GmbH) war Teil eines internationalen Konzerns, an dessen Spitze die im
Ausland (Staat Y) ansässige E Inc. stand. Die GmbH war von einem im ausländischen Staat Z ansässigen Auftraggeber
mit der Fertigung und Lieferung einer maschinellen Anlage beauftragt worden. Noch während sich die maschinelle
Anlage in der Herstellungsphase befand, belegte der Staat Y den Staat Z mit einem Wirtschaftsembargo. In Y
ansässige Unternehmen durften Abnehmer im Staat Z nicht mehr beliefern. Daraufhin wies die E Inc. die GmbH an,
die ihr von dem im Staat Z ansässigen Auftraggeber erteilten Aufträge nicht mehr weiter auszuführen.
Nach Auffassung des FG setzt die Annahme einer vGA voraus, dass mit der verhinderten Vermögensmehrung auf
der Ebene der einen Gesellschaft (hier: der GmbH) der Zufluss eines vermögenswerten Vorteils auf der Ebene einer
anderen Gesellschaft (d.h. beim Gesellschafter, der E Inc., oder einem diesem nahestehenden Dritten, z.B. einem
verbundenen Unternehmen) korrespondiert. Zwar hatte die weisungsgemäße Nichtausführung des erteilten
Auftrags zur Folge, dass der GmbH ein damit in Zusammenhang stehender Gewinn entgangen ist. Anders als
im vorstehend gebildeten Fallbeispiel ist dieser Gewinn aber auch nicht „an anderer Stelle“ innerhalb des Konzernverbundes
realisiert worden. Die verhinderte Vermögensmehrung auf Ebene der GmbH besaß folglich keine
Eignung, einen sachlich übereinstimmenden wirtschaftlichen Vorteil bei der Konzernmutter (hier: der E Inc.) oder
einem mit dieser verbundenen Unternehmen zu bewirken (sog. Erfordernis der Vorteilsgeneigtheit). Für eine vGA
sah das FG bei dieser Sachlage keinen Raum.
Gegen die Entscheidung des FG ist beim Bundesfinanzhof ein Revisionsverfahren anhängig.
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